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Spurensuche Rätselgeschichten und Crimestories aus dem Qur’an Ein Lesebuch und mehr..... Einführung Das heilige
Buch als Kriminalstory? Mord und Totschlag im Qur’an? Ist das nicht
blasphemisch? Die Offenbarung
des Schöpfers schildert tragische Fälle menschlicher Schwächen, Begierden
und Irrtümer. Jedes Mittel ist den Akteuren recht, zum Ziel zu gelangen,
welches in der Aufrechterhaltung der herrschenden Unrechtssysteme
besteht, Lüge und Verstellung, Verleumdung und Falschaussagen, Komplotte und
Amtsenthebungen, Ausweisung und Vertreibung bis hin zum Mordversuch. Pädagogisch stellt sich die Frage: Kann
auf die von uns gewählte Weise
mit Offenbarungstext pädagogisch sinnvoll gearbeitet werden? Wir glauben ja,
und keineswegs als Notlösung, etwa vom Gedanken getragen, daß sonst
Jugendliche und junge Erwachsene überhaupt nicht mehr mit dem Inhalt
qur’anischer Geschichte vertraut werden. Im Ansatz geht es vielmehr darum,
bewusst zu machen, dass Historie zwar geschichtlich ist, dass Geschichte aber
nicht unbedingt Vergangenheit ist. Inhaltliches
Angebot aus den Offenbarungen an die Hörenden und Lesenden bleibt
unverändert. Um diese
Kontinuität deutlich zu machen, agieren die Hauptakteureinnen, zwei junge
Frauen, aus ihrer Position in der Moderne, um mit Gestalten der Vergangenheit
zusammen zu treffen, deren Denkmuster und Handlungen jedoch den eigenen verblüffend
ähneln. Die Zeitverschiebung
wird also absichtlich nicht explizit
herausgearbeitet, die Vergangenheit also nicht als etwas ganz und gar Fremdes,
wahrgenommen sozusagen als versunkene Epoche. Gleichfalls wird vermieden,
diese Vergangenheit zu verklären oder in umgekehrter Weise, sie als eine
entwicklungsbedürftige Zeit abzutun, ohne Aussagekraft, von unserer völlig
verschieden, passé. Mit den
einzelnen Episoden werden sozialkritische Fragen unserer Zeit verknüpft, z.B.
Fragen aktueller Ereignisse und sozialen Wandels mit ihren Widersprüchen und
Ambivalenzen. So ist es den BenutzerInnen möglich, sich selbst im Geschehen
wieder zu finden und die Vergangenheit aus ihrer persönlichen Perspektive zu
deuten. Es ist erklärte
Absicht, der zwar meist unausgesprochenen, jedoch folgenreichen Auffassung, es
handele sich bei der qur’anischen Geschichtsbeschreibung um Geschichten aus
längst vergangenen Zeiten, „Fabeln der Alten“,
entgegen zu wirken. Die
Offenbarung besteht darauf, dass Geschichte zeitübergreifend verstanden
werden soll. Es stellte sich
die Frage nach dem wie. Schon lange
beschäftigt die PädagogInnen die Frage, welche Hermeneutik geeignet wäre,
Inhalte zu vermitteln, die uns in Übersetzungen der Offenbarungsschrift in
einem Sprachstil vorliegen, die uns und damit besonders unserer Jugend längst
fremd geworden ist. Wenn das wichtigste Medium der Kommunikation, die Sprache,
als solche bereits nicht mehr
verstanden wird und nicht mehr den ’Nerv’ der jungen LeserInnen und HörerInnen
trifft, wie sollte dann der Inhalt transportiert werden ?
Wie
können Erkenntnisse gewonnen und Denkprozesse in Gang gesetzt werden.
Wie kann erkannt werden, daß dies nicht alte Geschichten sind, sondern
hochaktuelle Ereignisse, die sich in jeder Zeit,
also auch hier und heute wiederholen. Wie sollen aus den seinerzeitigen
geschichtlichen Abläufen Erkenntnisse für die Zeit in der wir leben gezogen
werden... Wenn wir die
Kluft der Jahre überwinden und die Erzählungen aus dem Qur’an sozusagen
durch einem time channel zu uns herüberholen, werden wir feststellen, dass es
unsere Geschichten sind, die Geschichten, die sich in und um uns täglich
ereignen. Dann wird, insh’Allah, Trauer, Fremdsein und die Frustration,
keine Anbindung mehr an das Buch zu finden, minimiert werden und unsere jungen
MuslimInnen können auf ihre heutigen Fragen eine Entgegnung finden (nicht zu
verwechseln mit einer fertigen Antwort). Dann könnte es auch gelingen, daß
die Jugendlichen Fragen neu stellen und bei den Problemen, denen sie sich täglich
stellen müssen, ihre Antworten und damit ihre
ganz persönliche Offenbarung in den Worten
Gottes an die Menschen finden. Ist es nicht erklärter Sinn der Offenbarung,
dies zu bewerkstelligen? Die Distanz von mehr als viertausend
Jahren wurde nicht etwa so abgehandelt, als gäbe es die Last der Geschichte
nicht. Aber wir haben versucht,
sie transparent zu machen. Die Zeiten wurden wie mit einem Mixer verquirlt.
Die Sprache von heute wird zur Sprache von damals. Die Gegenstände, mit denen
unsere Jugendlichen täglich umgehen, der Computer, die digitale Welt, nehmen
sie mit in diesen Zeitmix und dort ist niemand darüber erstaunt. Um die zeitübergreifende
Dimension deutlich werden zu lassen, benutzen die Menschen jener Zeit
gelegentlich die gleichen Instrumente. Die Sprünge gehen hin und her und sie sind
der Rahmen für die Ausdrucksmöglichkeit in den Schilderungen, um ihre Inhalte
e r l e - b e n
zu können, getreu der qur’anischen Aussage, daß dies ein Buch für
alle Zeiten ist. Dadurch erhält der Raum-Zeit-Faktor eine
zusätzliche Perspektive: Neben der Linearität der Historie, wird in ihr ein
globaler timeless Charakter deutlich. Er erweitert den Denk-Horizont zu einer
gewünschten Mehrdimensionalität. Sekundärliteratur
außerhalb des Qur’ans fand nur sehr zurückhaltend Verwendung, um zu vermeiden, dass die jungen LeserInnen, die
Bilder, die dadurch entstehen,
als wahre Aussagen des Qur’ans werten. Die qur’anischen Texte bedürfen
keiner zusätzlichen Information, um Emotionen zu bewirken, sie sprechen für
sich. Weitere,
ebenfalls oft zu beobachtende Ansätze, die es zu meiden galt, sind
moralisierende Aussagen oder gar Vorhaltungen, die keinen, aber tatsächlich gar
keinen pädagogisch vertretbaren Erziehungswert haben. Statt dessen wurden
Fragestellungen und ethische Diskussionen über Werte und Wertesysteme angeregt.
Die Agierenden sind Menschen mit Schwächen und kritisch zu bewertenden
Handlungsmustern. Sie machen Fehler, können sie (gelegentlich) erkennen und
nehmen sich (hin und wieder) Verhaltensänderungen vor. Kurz, die jungen Leute können
sich mit ihnen identifizieren. Möglichkeiten
Didaktischer Umsetzung
Das Buch ist
vor allem zunächst ein Lesebuch für die Hand junger Mulime und Musliminnen. Es
wendet sich darüber hinaus an
alle, die sich um die Erziehung unserer Heranwachsenden Gedanken machen, also
Eltern, ErzieherInnen, PädagogInnen, LehrerInnen.
Sein Einsatz ist besonders in der Jugendarbeit relevant. ·
Die PädagogInnen können die Geschichten
vorlesen und dann mit ihrer Gruppe über die ethischen Fragen der Geschichte
diskutieren. ·
Sie können sie vorlesen und die Gruppe
auffordern, sich Notizen über Fragen zu machen, die sie im Anschluß unter den
verschiedensten Aspekten diskutieren möchten. ·
Die Beteiligten können aufgefordert
werden, Notizen über qur`anisches Textmaterial, welches erkannt wurde, zu
machen, um dieses im Anschluß zu finden. ·
Eine weitere Möglichkeit besteht darin,
die Geschichten mit verteilten
Rollen lesen zu lassen, wobei jede/r Jugendliche seine Rolle selbstständig
„weiterspielt“.
Im
Anhang befindet sich zu jeder Geschichte ein Fragekatalog und Lösungen. Dieses
Material soll die Arbeitstechnik illustrieren, kann und sollte von den PädagogInnnen
jedoch von mal zu mal erweitert und verändert werden. Immer neue, weiterführende
Fragen können die Geschichten stets aus verschiedenen Blickwickeln aufgreifen. Die angegebenen
qur`anischen Textstellen erleichtern den
PädagogInnen die vorbereitenden Arbeiten. Aus diesen Stellen kann sie
ggf. an den Stationen weitere Informationen erteilen. ·
Die BenutzerInnen können
Medienmaterialien zusätzlich einbringen und zur Verfügung stellen, z.B.
Videomitschnitte aus Nachrichtensendungen, dokumentarische Hörfunkausschnitte,
Printmedien-Artikel und hiermit die Jugendlichen Parallelen zu den dargestellten
Geschichten ziehen lassen. Nach jeder Bearbeitung, sollten in der Gesprächsrunde
neben dem Ziehen von Analogien auch Weiterentwicklungsmöglichkeiten anhand
qur`anischen Gedankengutes erarbeitet
werden. Es ist unsere
Hoffnung, dass dieses Material dem erzieherischen Anspruch näher rückt, dass
Jugend sich wieder in einer didaktisch förderlichen Art mit Offenbarung
auseinandersetzt und die Worte des Schöpfers in den Fragen ihres Lebens nutzen
kann. Dass die Vorstellung, eine „alte“ Offenbarung könne keine Wege
aufzeigen, um Fragen einer neuen Zeit zu beantworten, durch eigene Beschäftigung
mit dem Text hinterfragt wird. Wir erbitten
Allah (t`s) Wohlgefallen. Köln,
Sommer 2000
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