Konzeption
Home Nach oben Vorwort Planaufbau Präambel Konzeption Beispiel Schulbuch

 

Unterrichtskonzeption

Der islamische Religionsunterricht ist integriert in den Bildungs- und Erziehungsauftrag der deutschen Schule. Er erweitert diesen um einen eigenen Aspekt und soll zum Heranziehen verantwortungsbewusster BürgerInnen beitragen. Weltanschauliche und religiöse Angebote nur zur Orientierung, ohne konfessionelles Moment, verlieren an Glaubwürdigkeit. Das Vermitteln reinen Sachwissens ohne Werte kann nur schwer das pädagogische Ziel der Religionslehre erreichen. Islamischer Religionsunterricht ist dazu bestimmt,  das oftmals vorhandene Defizit zwischen religiöser Motivation und Realisierung menschlicher und gesellschaftlicher Grundwerte auszugleichen. Das in der qur’anischen Tradition verankerte Bewusstsein, welches unverzichtbare Werte wie Menschenrechte, Toleranz, Erhaltung der Umwelt, gleichberechtigte Beziehung der Geschlechter beinhaltet, bedarf bei Kindern einer Ingangsetzung von Bewussteinprozessen.

 

Im islamischen Religionsunterricht geht es darum diese Prozesse zu initiieren, zu festigen und Wege für dessen eigenständige Weiterentwicklung zu schaffen.

 

Katechese, bisher ausschließlich auf Elternhaus und Moscheegemeinschaft bezogen, findet im Religionsunterricht seinen Platz. Ritus, Brauch und Fest sind helfende Instrumente dem Glauben lebendigen Ausdruck zu verleihen.

 

Im islamischen Religionsunterricht geht es aber nicht nur darum Katechese zu vermitteln, sondern auch darum Reflexion über Gott, Offenbarung, Werte und Normen zu fördern. Bei den Kindern sollen persönliche Entscheidungsprozesse angeregt und damit gleichzeitig Respekt vor ebensolchen bei anderen Menschen initiiert und integriert werden.

 

Der islamische Religionsunterricht muss pädagogisch behutsam eine lebendige Beziehung zum Glauben herstellen, auch für Kinder, die keine religiösen Grunderfahrungen mitbringen. Hier stellt sich der islamische Religionsunterricht als eine weitere Dimension dar, die persönlichen Fragen jedes/r einzelnen Schülers/in aufzugreifen und Denkanstösse bereitzustellen, mit dem Problemlösungsstrategien entwickelt werden können.

Zunächst ist hierfür eine grundlegende Wissensvermittlung unverzichtbar. Hierauf aufbauend ist es notwendig, Beziehungen zum Lebensalltag der SchülerInnen herzustellen und der Freude an der Weiterentwicklung eigener Ideen Raum zu geben. Die SchülerInnen sollten die Möglichkeit erhalten sich mit ihrer religiösen Identität in die hiesige Gesellschaft einzubringen und somit diese Gesellschaft auch als die ihre zu begreifen. Sie werden BürgerInnen dieser Gesellschaft islamischen Glaubens sein. Damit haben sie diese Gesellschaft und ihre Entwicklung auch mit zu verantworten.

 

Religiosität ist im täglichen Leben unserer Gesellschaft nicht selbstverständlich Grundlage des Handelns und Zusammenwirkens. Innerweltliche Sinn-, Ordnungs- und Motivationsgehalte sind nach islamischer Auffassung nicht umfassend geeignet, menschliche Existenz zu erklären und Sinnfragen befriedigend zu vermitteln. Kinder bleiben hiervon nicht unberührt.

 

Islamischer Religionsunterricht hat zwar diese Realität kindlicher Lebenswelten zu berücksichtigen, jedoch ist das muslimische Kind nicht fremd in der „nichtmuslimischen Gesellschaft“. Der/Die muslimische Gläubige nimmt gerade aus seiner/ihrer Überzeugung heraus in Offenheit an der Wertediskussion der Gesellschaft teil. Das Kind soll befähigt werden, gesellschaftliche Grundwerte zu erkennen, zu reflektieren, für sie einzutreten und eigene Gedanken und Vorschläge in die Wertediskussion einzubringen. Das grundlegend Gute ist ein Wert, der nach islamischer Glaubensüberzeugung von allen Menschen, gleich welcher Konfession und Lebensphilosophie, ausgehen kann.

Wer auch nur eines Stäubchens Gewicht Gutes tut, der wird es dann sehen.

[ Qur’an 99:7]

Die Verfasstheit dieser qur’anischen Philosophie soll, bei geeigneter Erziehung, das muslimische Kind befähigen, mit anderen positiv zu kommunizieren und zusammenzuarbeiten.

Lernen ist ein vielschichtiger Prozess. Das islamische Verständnis von Welt, von Diesseits und Jenseits, von ethisch/religiösen und gesellschaftsrelevantem Verhalten macht es einsehbar, dass Religionsunterricht nicht losgelöst von den übrigen Fächern gestaltet werden sollte. Wo immer es möglich ist, sollten daher Teile anderer Fächer in den Religionsunterricht mit aufgenommen werden. Dies gilt besonders in den gesellschaftswissenschaftlichen Fächern, in Fragen des Friedens, der Menschenrechte, des Anti-Rassismus und der Beziehung der Geschlechter, wobei beide Geschlechter in gleicher Weise Rechtsträger der menschlichen Gemeinschaft sind.  Hierbei kann sich das Lehrpersonal der natürlichen, kindlichen Logik bedienen: wenn z.B. Frau und Mann aus der gleichen Ursubstanz (dem gleichen Wesen) geschaffen wurden (siehe Themenkreis Schöpfung, 4. Klasse, Unterrichtseinheit I) können sie im nachhinein niemals ungleich werden. Zumal wenn gleichzeitig beim Themenkreis Allah von Dessen Gerechtigkeit gesprochen wird und in der 2. Klasse UE II der Grundstein gelegt wird, dass alle Menschen von Ihm mit einer gleichen Bezogenheit auf den Schöpfer  geschaffen wurden. Die dem Rechtssubjekt Frau und Mann gegenüber erklärte beiderseitige gleiche Verantwortung,  Verpflichtung und Berechtigung kommt im Qur’an klar und nicht erst durch Deduktion zum Ausdruck, in dem die Handlungen und Haltungen beider Geschlechter in gleicher rechtlicher Weise gewürdigt werden. Ein Beispiel für viele ist im Text in Sure 33,35 Vers enthalten.

Wahrlich, die muslimischen Männer und die muslimischen Frauen, die gläubigen Männer und die gläubigen Frauen, die gehorsamen Männer und die gehorsamen Frauen, die wahrhaftigen Männer und die wahrhaftigen Frauen, die geduldigen Männer und die geduldigen Frauen, die demütigen Männer und die demütigen Frauen, die Männer, die Almosen geben, und die Frauen, die Almosen geben, die Männer, die fasten, und die Frauen, die fasten, die Männer, die ihre Keuschheit wahren, und die Frauen, die ihre Keuschheit wahren, die Männer, die Gottes häufig gedenken, und die Frauen, die (Gottes häufig) gedenken - Allah hat ihnen Vergebung und großen Lohn bereitet.[33:35]

Um der in menschlichen Gemeinschaften in unterschiedlichem Maße vertretenen Auffassung einer Ungleichheit oder unterschiedlicher Wertigkeit der Geschlechter entgegenzuwirken, wird Aufgabe der hierfür besonders sensibilisierten Lehrerschaft sein. 

Gerade was die Ansprache Gottes an den Menschen angeht (Gott – Mensch- Beziehung) ist es wesentlich, dass das Lehrpersonal eben immer den Menschen schlechthin als Geschöpf in diese Beziehung setzt. So können keine Ungleichheiten oder Ungleichwertigkeiten auftreten, weil in diesem Zusammenhang keinerlei auf Geschlechter abgestimmte spezielle Aussagen relevant sind. 

Auch in der Themenkreiseinheit der 4. Klasse über die Verantwortung in der Schöpfung sollte stärker davon ausgegangen werden, dass die gerechte Gleichheit der Geschlechter von Gott als selbstverständlich gegeben wurde und vom Menschen nicht in Frage gestellt werden darf. Diese Tendenz setzt sich fort im Themenkreis Gebet:  Mädchen und Jungen beten beide, beide besuchen die Moschee, beide haben den Kontakt zu ihrem Schöpfer, beide tragen Verantwortung.

Der Themenkreis „Ich und die anderen I“ berücksichtigt besonders die Situation in der Familie (siehe Klassenstufe 2 und 3), wobei das Lehrpersonal durch  gezielte Beispiele das Fehlen der Hierarchie aufgrund des Geschlechts z.B. unter gemischtgeschlechtlichen Geschwistern hervorheben kann.

Hierbei ist die Flexibilität des Lehrpersonals besonders gefordert, denn es gilt, die Kinder als selbstbewusste DiskussionspartnerInnen für ihre Eltern zu fördern, unter Berücksichtigung der Sozialisation und Familienstruktur der Kinder im jeweiligen Klassenverband.

Schließlich ist im Themenkreis „Qur’an“ darauf einzugehen, dass Allah in Seinem Buch nicht von geschlechtsabhängigen Werten spricht, sondern eben dieses Buch für beide Geschlechter gleichermaßen konzipiert und sendet. Besonders das gezielte Ansprechen von Frauen und Männern (siehe auch obigen Vers) ist in diesem Zusammenhang erwähnenswert.

Und die gläubigen Männer und die gläubigen Frauen sind einer des anderen Beschützer: Sie gebieten das Gute und verbieten das Böse und verrichten das Gebet und entrichten die Zakah und sind loyal gegenüber Allah und Seinem Gesandten. Sie sind es, derer Allah Sich erbarmen wird. Wahrlich, Allah ist Erhaben, Allweise.[9:71]

Es bleibt dem Lehrpersonal freigestellt, ob innerhalb dieses Themas z.B. in der 4. Klasse auf die linguistische Besonderheiten der arabischen Sprache Bezug genommen wird. Als Beispiel sei die Pluralbildung erwähnt, bei der die männliche Version benutzt wird, jedoch dennoch grundsätzlich beide Geschlechter gemeint sind, ähnlich wie in anderen Sprachen auch.

Beim Themenkreis Feste kann auf die Gleichwertigkeit der Geschlechter insofern eingegangen werden, als z.B. keine „klassische“ Arbeitsteilung bei den Festvorbereitungen propagiert wird und eine Teilnahme beider Geschlechter an den Festen außer Frage steht.

Möglichkeiten zum fächerübergreifenden Unterricht, die die Symbiose von religiöser Motivation und Alltag noch besser verdeutlichen, werden in diesem Plan aufgezeigt. Besondere Möglichkeiten bieten sich hierbei auch z.B. mit dem Sachkundeunterricht und Umweltschutz.

Die speziellen Erfahrungen der Kinder werden berücksichtigt und der RU bietet Möglichkeiten der Aufarbeitung. Es gibt weiterführende Hinweise für Lehrkräfte, falls eine Thematik intensiver bearbeitet werden soll.

Wichtig ist, dass der qur’anische Grundgedanke der Beziehung des Menschen zum barmherzigen, liebenden, verzeihenden, erziehenden und versorgenden Schöpfer gegenüber all Seinen Geschöpfen, der sich im Plan wiederspiegelt, nicht isoliert von den Unterrichtseinheiten, sondern als deren Basis betrachtet wird.

Dies soll auf eine Art geschehen, die das kreative Potential des Kindes nutzt, in dem es mit der unnachahmlich überzeugenden Art des göttlichen Wortes im Qur’an vertraut gemacht wird.

Diese sowohl verblüffend logische wie barmherzige Art der Vermittlung von Glaubenswahrheiten steht in Übereinstimmung mit der natürlichen Art, wie der Mensch geschaffen ist.

So richte dein Antlitz in aufrichtiger Wiese auf den Glauben; (dies entspricht) der natürlichen Veranlagung, mit der Allah die Menschen geschaffen hat ... [30:30]

 

Das Selbstbewusstsein muslimischer Kinder soll diesen u.a. aus ihrem erarbeiteten Wissen über ihr Gewollt- und Gewünschtsein durch ihren Schöpfer erwachsen, in Kenntnis dessen, dass alle Menschen mit diesem göttlichen Willen geschaffen sind.

So wie der Schöpfer sich dem Menschen offenbart und ihn zum Dialog einlädt, sollte das Kind, unter Zurückweisung jeder Art von Indoktrination (Es gibt keinen Zwang im Glauben ... [2:256]), angstfrei dem religiösen Moment in sich selbst begegnen und nachspüren können und dadurch die nötige Toleranz anderen gegenüber erarbeiten.

Es ist u.a. Aufgabe des Religionsunterrichts, dem Kind das Wissen um diese Würde, mit der der Schöpfer Seine gesamte Schöpfung ehrt, zu vermitteln. Folgerichtig hierzu respektiert und toleriert das Kind andere Menschen und andere Geschöpfe. Religionsunterricht muss demnach der Vermittlung dieser Identität dienen.

Und wahrlich, Wir haben die Kinder Adams geehrt und sie über Land und Meer getragen und sie mit guten Dingen versorgt und sie ausgezeichnet - eine Auszeichnung vor jenen vielen, die Wir erschaffen haben.[17:70]

Der Glaube hilft zwar Lebenssituationen zu reflektieren, jedoch wird vom Grundsatz her Menschsein, Individualität und Welt durch den bewussten Glauben definiert. Glaube ist ein eigenständiges Phänomen transzendenter Ganzheit. Glaube verkündet dem Menschen letztendliche Bestimmungen und gibt Anleitung diese Bestimmungen zu erreichen.

Leben auf der Erde ist Chance und Tat, Ort des Handelns. Handeln führt nur dann zur verbindlichen Sinnhaftigkeit, wenn ein Ausgang jenseits des Erklärbaren auch denkbar ist. Islamisches Handeln in der Welt setzt verantworteten, verinnerlichten, denkenden Glauben als Grundlage dieses Handelns in Szene.

Der islamische Glaube geht von der Vorstellung aus, dass es einer hinreichenden Begründung für dauerhaftes ethisches Handeln bedarf, welche in der Bezogenheit des Einzelnen auf Gottes Schöpfung basiert. Darum wird gerechtes und positiv förderndes Verhalten nicht aus sich selbst heraus verstanden, sondern in Verantwortung vor dem Worte Allahs.

Dieses, auf verbindliche Art in Familie und religiöser Gemeinschaft gelebte gläubige Leben, jenseits von Informationskunde und Beliebigkeit, ermöglicht es dem Kind, sein Handeln, seine Entscheidungen und seine Erwartungen in Übereinstimmung mit seiner Religiosität zu gestalten und Glauben als eine bewusste und befreiende Bejahung seines Menschseins und nicht als lastende Verpflichtung wahrzunehmen. DIN ist nach qur’anischer Definition Befreiung von Lasten.

Der Dialogcharakter des Islams wird im Qur’an in vielfältiger Weise bezeugt, besonders dadurch, dass der Qur’an sich selbst als ein wiederholendes Buch versteht und den Propheten Muhammad nicht als neue Gestalt.  Die Verbundenheit mit anderen menschlichen Gemeinschaften ist per se im Worte Allahs verankert.

Andere Glaubensgemeinschaften sind Teil göttlicher Ansprache und haben Teil an der im Qur’an wiedergegebenen Erfahrung des Menschen mit Gott.

Religionsunterricht muss darauf abzielen, das Kind zu befähigen, bestehende Gemeinsamkeiten und Werte in der Gesellschaft nutzen und Unterschiede respektierend belassen zu können.

Glauben und religiöse Praxis anderer Religionsgemeinschaften sollen willkommener Anlass sein, Vielfalt nicht als Bedrohung zu empfinden, sondern eigene Horizonte zu erweitern.

Der Religionsunterricht ist kein Platz für missionarische Betätigung.

Jeder hat eine Richtung, der er sich zuwendet. So wetteifert miteinander in guten Werken ... [2:148]

Islamischer Religionsunterricht muss nach der Grundlage qur’anischer Texte Basis für Kommunikation mit anderen schaffen. Der Dialog muss ein gleichberechtigter sein.

Offenbarung geschah jeweils in der Zeit und ist dadurch, dass sie vom Schöpfer kommt, zeitlos. Sie macht Aussagen zum praktischen Handeln des Menschen in der Zeit ihrer Verkündung. Sie zeigt Menschen anderer Zeiten Handlungsstrategien für deren Zeit. Die Grundlagen sind die basisprägenden Prinzipien von Gerechtigkeit und Barmherzigkeit in Gemeinschaft.  

 

Theologie und pädagogische Vermittlungsmethoden haben sich mit den Erfahrungen der Angesprochenen auseinander zu setzen. Durch das Einbeziehen der Erfahrungswelt des Kindes wird der Unterricht lebendig erlebt. Es ist daher wichtig, dass die vermittelnden LehrerInnen diese Kinderwelt mit in die Ziele des Unterrichts hineinnehmen. Ansonsten würde der Religionsunterricht nicht korrilieren und keinen Bezug zur Gefühlswelt des Kindes aufbauen können.

 

Religionsunterricht ist in deutscher Sprache zu vermitteln, als Teil der Kultur dieser Gesellschaft.

 

Arabisch wird in den Unterricht nicht als Fremdsprache aufgenommen, dies würde Kinder überfordern; die Kinder arbeiten zwar durchaus mit Original - Qur’anmaterial, jedoch mit einer kindgerechten Übertragung, wobei sie dann ggf. einzelne Wörter und Begriffe in der Originalsprache lernen und zwar im Sinne von Wiedererkennen.

 

Bei vielen türkischen, afghanischen, pakistanischen Kindern wird das aufgrund der Sprache ihrer Familie einfach sein, weil dort viele Termini aus dem Arabischen stammen und durch diese Lernweise eine mehrfache Sprachkompetenzerhöhung dahingehend erzielt werden kann, dass die deutsche Wortbedeutung analysiert und besprochen wird. U.a. ist es auch wichtig zu erfassen, dass Arabisch keine „islamische“ Sprache ist, sondern z.B. auch die arabischen Christen das Wort Allah für Gott benutzen, da es nichts anderes bedeutet als „der Gott“. 

 

Die Schrift in der Buchform des Qur’ans erfährt eine hohe Wertschätzung bei den MuslimInnen, die sich in sakralen Formen der Ehrung und des Schutzes des Buches niederschlägt. Eine besonders hervorgehobene Sakralisierung der arabischen Sprache soll jedoch im schulischen Kontext vermieden werden. Arabisch unterliegt grammatikalischen Regeln, wie jede andere Sprache auch. So wird der Boden bereitet, dass Kinder in höheren Klassen oder als Jugendliche einen natürlichen Umgang mit der Offenbarung pflegen, und über qur’anische Texte selbst reflektieren können. Der Heranwachsende wird mündig, lernt sich zu artikulieren, kann qur’anische Texte in seinem Lebensbezug nutzen. Zu dieser Kommunikation fordert der Qur’an ausdrücklich auf. Das reine Auswendiglernen beschränkt sich in der Grundschule noch auf liturgische Texte. Um sich hiervon eine Vorstellung zu machen, kann auf die ganz ähnliche Verfahrensweise im jüdischen Religionsunterricht und seine hebräische Liturgie verwiesen werden.

 

Der Einsatz arabischer Begriffe (grundsätzlich mit deutscher Worterklärung) muss aber im Ermessen der Lehrperson liegen und der individuellen Situation der jeweiligen Klasse angepasst sein.

Islamischer Religionsunterricht muss geschichtliche Dimensionen aufgreifen, um Wirklichkeit gestalten zu helfen.

Der islamische Religionsunterricht soll für alle Kinder der Schule offen sein.

Er wird SchülerInnen ansprechen, die aus einer lebendigen Glaubenspraxis im Elternhaus kommen, aber auch solche SchülerInnen muslimischen Glaubens, die Religion mehr als tradiertes Brauchtum aus der Heimat ihrer Eltern kennen. Letztendlich sollen auch diejenigen einen Zugang zum islamischen Religionsunterricht finden, die aus sich heraus Fragen an die Sinnhaftigkeit von Religion stellen und offen sind für das Anschauen und Hinterfragen, während sie selbst bisher keine religiöse An-Bindung erfahren haben.

Der islamische Religionsunterricht gründet sich auf die Grundquellen des Islams, auf Qur’an und die verbindliche Sunna des Gesandten Muhammad (sas) und wird so gestaltet werden, dass sich muslimische Kinder aller Konfessionen daran teilnehmen können.

  1. Dieses Angebot zur Teilnahme am Religionsunterricht einer anderen Gemeinschaft besteht für muslimische Kinder auch auf Seiten des konfessionell gebundenen Unterrichts, zumindest im katholischen und evangelischen Bereich  ebenfalls. 

Viele muslimische Kinder, die bisher keinen islamischen Religionsunterricht bekamen, hatten so die Gelegenheit, religiöses Gedankengut und religiöse Praxis anderer Gemeinschaften kennen zu lernen und religiöse Fragen in der Diskussion zu erleben. Dies hat bei ihnen oft dazu geführt, sich mit dem eigenen religiösen Denken und Leben auseinander zu setzen. Ein wechselseitige Angebot könnte damit einen nicht unwesentlichen Beitrag zum Erkennen der Identität der jeweils anderen Glaubensgemeinschaft leisten. Der erhoffte Nutzen ist auch hier ein verbessertes konfliktärmeres Zusammenleben.

  1. Offenheit gegenüber anderen Religionsgemeinschaften setzt dabei einen Unterricht voraus, der die SchülerInnen (alle anwesenden) in keiner Weise indoktriniert. Der Rahmenplan will in seiner Intention ausdrücken, dass er einer solchen Unterrichtskonzeption folgt. Es ist Überzeugung der Gemeinschaft, dass der optimalste Unterricht für Kinder darin besteht, sie aus dem dargebotenen Unterrichtsstoff und den Lernmethoden eigene Ideen entwickeln und artikulieren zu lassen, d.h,. sie in die Lernprozesse mit einzubeziehen damit sie selbstständig Lernschritte nachvollziehen können.

Da es sich bei den muslimischen als auch bei nichtmuslimischen Kindern um die jeweils gleiche Altersstufe handelt, ist die Begriffsdefinition für beide gleich und eröffnet die Möglichkeit einer philosophischen Diskussionsgrundlage. Dies fördert die Erweiterung des Gedankenspektrum. Diese Unterrichtsform hat sich in anderen Fächern bewährt und die positiven Ergebnisse sollten auch im Religionsunterricht genutzt werden.

Der Islam betrachtet Din (Religion) als ein Ringen um die positiven Dinge. Hierzu fordert der Qur’an alle Menschen auf. SchülerInnen, die hieran freiwillig teilnehmen möchten, sind willkommen.

  1. Begrifflichkeiten

 

Die Begriffe: Barmherzigkeit, Jenseits, Geschöpflichkeit, Allerbarmer, Zuflucht usw. sind solche, die zumindest den Angehörigen anderer Buchreligionen, in ihrer Begrifflichkeit nicht fremd sind. Nach islamischer Auffassung ist durch die Fitra des Menschen „der natürlichen Art, mit der Gott die Menschen geschaffen hat“, eine Grundlage gegeben, diese Fragen und eben auch die großen Sinnfragen mit Menschen aller Konfessionen und auch mit areligiösen Menschen zu erörtern, wodurch sich der Bezugsrahmen über die sogenannten Buchreligionen (ChristInnen und Ju(e)dInnen) hinaus bewegt. 

Im Rahmenplan ist ein islamischer, konfessionsgebundener Inhalt beschrieben. Es handelt sich um einen Unterricht, wie er den Religionsgemeinschaften vom Grundgesetz her zugestanden und für wichtig erachtet wird. Wer jedoch Religionsunterricht in einem multireligiösen und multikulturellen Milieu anbietet, ohne dieser Situation Rechnung zu tragen, geht an den im Grundgesetz niedergelegten Grundbegriffen von Toleranz und Pluralismus vorbei. Diese Begriffe haben auch im islamischen Religionsunterricht ihre Entsprechung. Die in den großen Buchreligionen erkennbaren Gemeinsamkeiten können und müssen daher auch im konfessionellen Religionsunterricht genutzt werden. Dies gilt auch für alle Gemeinschaften wechselseitig. Wo dies möglichst früh geschieht, wirkt diese Form des Unterrichts einer religiösen Ghettoisierung entgegen, der wir dann begegnen, wenn die Gläubigen befürchten, nur hierdurch ihren Glauben und ihre Identität bewahren zu können. Um diesen Glauben zu leben und zur religiösen Identität der jungen Menschen zu führen, bedarf es keiner, irgendwie gearteten vorbereiteten islamischen Umgebung, solange in der Gesamtgesellschaft Toleranz gegenüber anderen Glaubensgemeinschaften geübt wird. Im Gespräch mit VertreterInnen anderer Konfessionen sollten diese islamischen Grundsätze thematisiert werden. Verständigung in dieser Form wäre ein Beitrag zum gesellschaftlichen Frieden.

Mindestanforderungen:

Grundsätzlich bedarf es dem Einfühlungsvermögen und der Einsatzbereitschaft von Lehrpersonen ein faires, humanes und leicht verständliches Bewertungskriterium für Leistungen der SchülerInnen zu gestalten.

Formale Bewertungen, die auf Tests o.ä. beruhen, müssen durch Beobachtung der SchülerInnen im Unterrichtsverlauf ergänzt werden.

Bewertungen im Sinne von „absoluten“ Maßstäben setzen voraus, dass das Niveau, auf dem die Durchführung einer eindeutig spezifizierten Aufgabenstellung als akzeptabel erachtet wird, als Erwartungshorizont im voraus festgelegt wird. Das erscheint jedoch in einem Fach wie Religion sehr eng gegriffen. Es ist vor allem hier wesentlich die Persönlichkeit des/der einzelnen SchülerIn einzubeziehen und, ausgehend von den gesetzten Mindestanforderungen, die Entwicklung der Kinder, unter Berücksichtigung des individuellen Potentials, in Bezug auf ihre eigenständige Entscheidungsfreudigkeit zu analysieren. Hierbei sind auch Fortschritte im Bereich der sozialen Kompetenz wahrzunehmen.